Das Schweigen der Männer
Clemens Klopfenstein, Switzerland, 1997o
Max is grappling with being Swiss, with the fact that, as he says, "Switzerland is beautiful, but boring". His friend Polo, on the other hand, is able to enjoy a mountain hike without succumbing to philosophical despair. Together, Max and Polo embark on a far-reaching journey which finally takes them to the pyramids in Cairo. All the while, they talk: about life, about the world, and about Switzerland.
Leicht dahingeworfen sieht das aus, aber man soll sich nicht täuschen lassen, die fast quadratischen Bilder, die vorbeiziehenden Landschaften, die Witze gründen tief. Und wenn Max und Polo dann in Ägypten auf Kamelen an den Pyramiden vorbereiten und angesichts dieser Steinhaufen sagen, «schau, Eiger, Mönch und Jungfrau», kommt alles perfekt zusammen: die kleine Schweiz und das grosse Weltkulturerbe. (Auszug)
Matthias LerfEs ist das eine Komik, leichthändig und mit Charme auf dem Hintergrund eines melancholischen Ernstes entworfen, die dank den Dialogen, den Redensarten, Selbstgesprächen und den Blödeleien der beiden Protagonisten fest eingewurzelt bleibt in der mundartlichen Kultur einer künstlerisch vitalen Szene - und doch darüber hinaus reicht.
Martin SchlappnerGalleryo
Filmregisseur Clemens Klopfenstein über seine Arbeit mit dem Sänger, Berner Wurstsalat in Ägypten und Gilet-Geld.
Polo Hofer hätte in Ihrem neuen Film BE 7151 mitspielen sollen, nicht wahr?
So ist es. Wir haben den Film zusammen geplant, Max Rüdlinger, Polo Hofer und ich. Er spielt im Jenseits.
Im Jenseits?
Sagen wir einmal: in einem Zwischenreich. Am Ende von Die Vogelpredigt verlaufen sich Polo und Max ja im Wald. Dabei fallen sie, wie man jetzt erfährt, in ein etruskisches Grab und verweilen dort als Sarkophag. Der ursprüngliche Plan war, dass beide wieder lebendig werden. Und zusammen durch ein jenseitiges Italien wandern. Darüber haben wir noch heftig diskutiert, vor zwei Jahren bei Polo an seinem Wohnort in Oberhofen.
Da ging es ihm noch gut?
Er war, den Umständen entsprechend, blendend aufgelegt. Max und Polo gerieten sich sofort in die Haare, wegen theologischer Fragen zum Jenseits. Ich habe mich richtig gefreut auf die Dreharbeiten.
Da konnte Polo aber nicht mehr mittun?
Nein, der Arzt hat verfügt, es sei ihm unmöglich, nach Italien zu reisen. Das verstand ich, er war damals gerade aus einem künstlichen Koma erwacht. Es gab dann noch Pläne, dass Max während des Films mit Polo telefonieren könnte. Ich habe also begonnen, mit Max allein zu drehen. Es kamen aber einige Dinge dazwischen, die Erdbeben in Umbrien zum Beispiel. Die Dreharbeiten haben sich verzögert.
Und Polo kommt jetzt nicht mehr vor?
Doch, als Kopf. Im Film steigt Max noch einmal ins Grab, zum Polo-Sarkophag, und sagt, die «Schweizer Illustrierte» hänge draussen, er sei Schweizer des Jahres. Dabei schüttelt er ihn so stark, dass sein Kopf abfällt. Vor lauter Herr Jesus nimmt er diesen unter den Arm und läuft jetzt den ganzen Film mit dem Kopf von Polo herum. Das tönt nach seinem Tod so crazy, dass ich die Sache vorübergehend ein wenig auf der Seite lassen muss.
Wann ist der Film fertig?
Ich denke, ab Dezember dürfte es so weit sein.
Wie haben Sie Polo als Schauspieler entdeckt?
1991 bei den Dreharbeiten zu Füürland 2. Mein Co-Regisseur Remo Legnazzi und ich filmten ein Konzert von Christine Lauterburg im Bundeshaus und sahen plötzlich, dass Polo im Publikum sass. Wir haben ihn dann gefragt, ob er mitmachen wolle. Bereits am nächsten Tag haben wir die Szene gedreht, in der Polo dem Max erklärt, wie wichtig Drogen seien: «Nach em Zwöierli fats afa schaffe.» Polo bekam richtig Freude an der Schauspielerei.
Sie haben ihn dann für den Wanderfilm Die Gemmi – ein Übergang engagiert.
Genau. Das war ein Walk-and-Talk-Film mit den beiden Protagonisten, der eingeschlagen hat wie wahnsinnig. Deshalb haben wir ihn später erweitert und Das Schweigen der Männer daraus gemacht.
Was bedeutete Polo Ihnen?
Ich war unendlich froh um ihn. Mit seinem Humor war er der ideale Gegenpart zum griesgrämigen Max Rüdlinger. Und er hat so ein Bandleader-Feeling in die Dreharbeiten gebracht, indem er sagte: «Auch wenn wir streiten und uns auf die Nerven gehen, dieses Konzert muss jetzt fertig gespielt werden.» So hat er manchen Drehtag gerettet. Er war einfach ein Profi.
Wurde er auch professionell bezahlt?
Er hat nicht schlecht verdient. Ich mache zwar Cinema Copain, schaue aber, dass die Darsteller anständig bezahlt werden. Dann sind sie auch bereit, am Abend länger zu arbeiten. Polo Hofer sprach von Gilet-Geld.
Gilet-Geld?
Er hat natürlich seine Erfahrungen gemacht, bei Konzerten, mit Beizen und Festwirtschaften, wo plötzlich alle verschwunden waren, wenn es ums Bezahlen ging. Er sagte, er sei nie zu einer Festhalle raus, bevor er sein Geld im Gilet hatte, das er ja immer trug. Aber ich war stets pünktlich beim Bezahlen.
Eine seiner besten Szenen ist diejenige, in der er mit Max vor ägyptischen Pyramiden über Wurstsalat diskutiert.
Da kann ich filmpolitisch werden: Mir geht es darum, dass wir regional stark sind. Es hat keinen Sinn, dass wir Hollywood Konkurrenz machen. Darum war ich froh, dass ich zwei Darsteller gefunden habe, die das so gut können. Max und Polo waren für mich ideal, sie verkörperten die Berner Realität, aus der diese Filme kamen. Auch wenn sie irgendwo auf der Welt spielten.
Hatten Sie zuletzt noch Kontakt mit Polo?
Ich wollte ihn mehrmals besuchen, einmal war ich gar in Oberhofen, bin am Hafen herumspaziert. Aber er schlief noch und hatte Mühe, in die Gänge zu kommen. Vor drei Wochen habe ich dann mit ihm telefoniert. Er sagte, er habe Rückenschmerzen, bekomme ein neues Bett. Und wünschte: «Chum jetz nid.»