Un p’tit truc en plus
Artus, France, 2024o
To escape the police, a father and son are forced to take refuge in a summer camp for mentally handicapped young adults, assuming the roles of educator and resident. It's the start of a rollercoaster ride and a wonderful human experience that will change them forever.
Können sich die 10 Millionen Französ:innen und fast 200'000 Westschweizer:innen irren, die diese Komödie über ein Gaunergespann, das in einer Behindertengruppe auf Ferienfahrt untertaucht, zum Überraschungshit des Jahres gemacht haben? Natürlich befällt einen sogleich dieser Verdacht angesichts der französischen Fliessbandproduktion simpel gestrickter Komödien, deren Erfolg dem Rest der Welt oft ein Rätsel ist. Tatsächlich baut auch Un p'etit truc en plus auf das komische Uralt-Rezept vom Verstellungsspiel, wenn sich die zwei Gauner, Vater und Sohn, in der Behindertengruppe als angeblicher Schützling und Betreuer ausgeben und dabei so viel schauspielerische Mühe bekunden wie der Sohn oder sich so wenig Mühe geben wie der Vater. Auch die resultierende Botschaft, dass die «Normalen» oft die emotional Behinderten sind und die «Behinderten» in Herzensdingen umso schlauer, ist geschenkt. Doch der ganze Film und sein Cast, in dem rund zehn beeinträchtige Darsteller:innen die wahren Stars sind, haben das Herz auf dem rechten Fleck. Deftige komische Szenen wechseln mit leisen, ernste Momente bekommen den nötigen Raum, die absehbare Haupthandlung wird mit Geschick aufgefächert, die Sentimentalität ironisch gebrochen. Was sagte gleich Billy Wilder, der Regisseur der Verstellungskomödie Some Like it Hot, über die Schwarmintelligenz der Massen: «Einzelne mögen Deppen sein, doch tausend solche Deppen in der Dunkelheit eines Kinosaals? That’s critical genius!»
Andreas Furler